Aufgeregt winkt mein Begleiter mir zu. Keine 50 Meter vor uns äsen Steinböcke an einer steilen Bergflanke! Wir befinden uns im letzten Aufstieg von Vereina zu den Jöri-Seen und eine kleine Verschnaufpause tut gut. Der Aufstieg ist steil, aber doch angenehm denn das Jörital liegt am frühen Morgen noch im Schatten. Bald erreichen wir die letzte Anhöhe und blicken auf die in der Morgensonne glitzernden Seen. Im Hintergrund leuchtet der Jöri-Gletscher und das Flüela-Weisshorn. Doch wir haben jetzt keine Zeit für die atemberaubende Szenerie, bereits sind erste Ringe im Wasser zu sehen!

Schnell werden die durchschwitzten Hemden gewechselt, die Ruten montiert und schon bald beginnt eine aufregende Fischerei auf die Kanadischen Seesaiblinge (Salvelinus Namaycush). Wir pirschen uns vorsichtig dem Ufer des am zweithöchst gelegenen Sees entlang und beobachten aufmerksam das Wasser. Drei Seen werden direkt vom Gletscherwasser gespiesen, das Wasser ist milchig hellblau und ca. 4° kalt und die Sichtweite ins Wasser reicht auch mit der Polaroid Brille nur ½ Meter tief. Auf dem Wasser sehen wir massenhaft ertrunkene Insekten, vor allem Käfer. Und überall tauchen wie silberne Schatten aus dem milchigen Wasser die Saiblinge auf und schnappen nach Beute. Mein Freund hat bereits eine Trockenfliege in Richtung eines Fisches geworfen und wartet gespannt auf den Biss. Obwohl wir sahen, wie mehrere Fische interessiert der Fliege näherten, drehten diese nach kurzer Inspektion wieder ab. Erst als die Fliege bei Annäherung eines Fisches ein bisschen gezupft wurde, erfolgte fast immer ein Biss. Es scheint dass lebende Beute bevorzugt wird.

Ich habe deshalb ein Streamer an ein sinkendes Vorfach montiert und fische auf 2-3m Tiefe „im Trüben“. Sofort habe ich einige Fehlbisse und schon bald auch den ersten Saibling in den Händen. Die Fische patrouillieren in kleinen Gruppen dem Ufer entlang. Wir verständigen uns durch Handzeichen um das Herannahen eines guten Fisches zu signalisieren. Schon bald wird es sehr warm an der Sonne, das Wasser und die Schneebedeckten Hänge reflektieren die Strahlen. Die leichte Morgenbrise ist vorbei, die Beisszeit auch.

Wir machen eine Pause um etwas zu essen und wechseln auf T-Shirt und kurze Hosen. Danach machen wir uns auf den Weg zu den anderen Seen. Der kurze Aufstieg zum höchstgelegenen See bringt uns dennoch ins Schwitzen, gegen Mittag kann es bei Windstille gegen 30° warm werden. Der See hat klares Wasser und als wir uns nähern sehen wir plötzlich Ringe. Vorsichtig schleichen wir auf einen erhöhten Felsen und beobachten die steigenden Fische. „Da sind auch Grosse dabei!“ ruft mein Freund ganz aufgeregt. Ich mache die Rute bereit und werfe meine Nassfliege in Richtung der Ringe. Schon nach zwei Zügen an der Schnur spüre ich einen Widerstand und schlage an. Der Fisch zieht sofort stark in die Tiefe und ich versuchte ihn ans Ufer zu ziehen. Mein Freund kommt zu Hilfe und so können wir mit vereinten Kräften den Fisch von Hand bergen. Der herrlich gezeichnete Namaycush ist 45 cm lang und fast ein Kilo schwer. Mein Freund fing wenig später noch ein Exemplar von 35 cm.

Am Nachmittag fischten wir am grössten See. Wir fingen auch noch einige Bachforellen welche wir alle wieder zurücksetzten. Bevor wir uns wieder auf den Heimweg machten, entdeckten wir in einem der kleinen Seen mit „schnapsklarem“ Wasser einen einzelnen grossen Namaycush-Saibling. Trotz Windstille wechselte ich das Vorfach und versuchte den Fisch anzuwerfen. Aber schon mein erster Versuch vergrämte den auf über 50 cm Länge geschätzten Fisch.

Da an diesen Seen, wie an vielen anderen Bergseen im Kanton, einerseits zu wenig gefischt wird und andererseits die Kanadischen Seesaiblinge sich natürlich vermehren, sind die Auswirkungen sichtbar. Nur Exemplare über 30 cm sind einigermassen für die Pfanne geeignet, kleinere Fische bestehen praktisch nur aus Kopf und Schwanz! Es werden aber vereinzelt auch Fische von über einem Kilo Gewicht gefangen.

Jöriflüelafurgga bei Sonnenaufgang
Jöri-Seen
Biss und Drill
Jeder See hat eine andere Farbe
Dani, Housi und Beat
Gegen Abend gibt es oft Windstille
Namaycush (45 cm) aus dem höchstgelegenen See